Mitten im Grünen findet in der Winterthurer Galerie Weiertal die Sommerausstellung «Hortus Conclusus – im Garten der Sinne» statt. Interaktive Kunstwerke laden dazu ein, Natur und Kunst mit allen Sinnen zu erleben. Die Vernissage ist kommenden Samstag.

Autorin: Nina Cascioni
Titelbild: Im «Hortus Conclusus» kann man in eine neue Welt eintauchen; Bildquelle: Nina Cascioni

Vögel zwitschern, das Sonnenlicht tanzt durch die Bäume und ein sanfter Wind streicht durch die Felder und Wiesen. Kunstwerke bewegen sich, reflektieren die Umgebung, klingen oder surren. Der «Hortus Conclusus» spricht alle Emotionen an.

Im Weiertal in Winterthur erstreckt sich auf einer Fläche von 6000 Quadratmetern hinter Hügeln und Wäldern die Galerie Weiertal. Ab dem 26. Mai 2024 findet eine Aussenausstellung zum Thema «Hortus Conclusus – im Garten der Sinne» statt. Vergangene Ausstellungen orientierten sich sehr stark an Konzeptkunst und sprachen vor allem den Intellekt an. In der diesjährigen Sommerausstellung wird den Besuchenden ein besonders sinnhafter Zugang zu zeitgenössischer, dreidimensionaler und plastischer Kunst ermöglicht. Die Ausstellung ist niederschwellig gestaltet, so dass sie auch Leute ansprechen soll, die kein grosses Kunstverständnis besitzen.

Was es zu Sehen, Hören und Fühlen gibt

Als «Hortus Conclusus» bezeichnet man einen geschlossenen und geschützten Garten. Die Weiertal-Idylle mit ihren Baumgruppen, Grünflächen und den Weihern erfüllt diese Definition bereits. Doch erst durch die interaktiven Kunstwerke, die im Garten platziert wurden, entwickelt sich der geschlossene Garten zu einem «Lustgarten». Kunstwerke bewegen sich im Wind, leuchten auf oder erklingen durch eine Berührung. Das spricht eine grosse Gefühlspalette an.

  • Maja von Meiss, Organisatorin der Galerie Weiertal, hat in 24 Jahren 77 Ausstellungen mit rund 650 Kunstschaffenden betreut.
    Maja von Meiss, Organisatorin der Galerie Weiertal, inmitten vom Klangteppich «Zona Sonore». / Bild: Nina Cascioni

Im  «Garten der Sinne» werden 17 verschiedene Kunstwerke gezeigt, welche eine spielerische Verbindung mit der Natur eingehen. Alle Kunstwerke sind von Schweizer Künstler:innen. Die Besuchenden erwartet unter anderem überdimensionale graue Pflanzentröge, ein Klangteppich aus elastischen Stabstählen und einen kubischen Pavillon aus Holz. Zudem eine Federstahlkonstruktion namens «Zwischenwelten vom Winde verweht», die mit dem Wind zum Leben erweckt wird. Auf dem Weiher treiben durchsichtige «Bubbles», die sowohl die Schönheit aber auch die Fragilität des Lebens widerspiegeln. Der Stiefelbrunnen am Ufer des Weihers plätschert friedlich vor sich hin und geheimnisvolle Kreaturen von Brigitte Baserga-Vogt haben hier ebenfalls ein Zuhause gefunden.

Es befinden sich auch verspiegelte Arbeiten von zwei Winterthurer Künstlerinnen im Garten, «hidden tree» von Sabina Gnädinger und «THE KEY LIES WITHIN» von Notta Caflisch, die die Betrachtenden zum Nachdenken anregen möchten. Im Video erklären die beiden ihre Kunstwerke.

Kunst im Freien: Die Auswahl der Kunstwerke

Seit 2001 hat Maja von Meiss die Gesamtleitung über den Kulturort Galerie Weiertal. Oftmals arbeitet sie mit anderen Kurator:innen zusammen, in der diesjährigen Sommerausstellung war sie jedoch allein zuständig. Bevor sie die Kunstwerke auswählt, erarbeitet sie ein Konzept, mit dem sie sich lange auseinandersetzt: «Das hat viel mit Emotionalität zu tun. Ich frage mich dabei, was habe ich für Bedürfnisse? Was möchte ich zeigen? Wie möchte ich die Leute ansprechen?» Dieser Prozess nimmt einige Monate, manchmal auch ein Jahr in Anspruch. Ein wesentliches Kriterium bei der Sommerausstellung ist, dass die Künstler:innen etwas schaffen, dass wetterbeständig ist. Dazu fügt von Meiss an: «Mir ist auch wichtig, dass die Künstler:innen sich durch einen Titel oder Inhalt anregen lassen und dann eigene Vorstellungen entwickeln. Sie sollen experimentierfreudig sein und Lust an der Auseinandersetzung haben, wie zum Beispiel Brigitt Lademann.» Nachdem die Künstler:innen ausgewählt wurden, erhalten sie ein schriftliches Konzept und bekommen die Gelegenheit, die Galerie zu besuchen. In der Mehrheit der Fälle schaffen die Künstler:innen unter Berücksichtigung des Ausstellungskonzepts ein neues Kunstwerk. In seltenen Fällen kommt es vor, dass von Meiss ein bestehendes Kunstwerk sieht, das sie haben möchte: «So war es bei Sabina Gnädinger: Ich habe die Arbeit gekannt und wusste genau, dass das hervorragend in die Ausstellung passen würde.»

«Ich versuche immer den optimalen Platz für das Kunstwerk zu finden.»

Maja von Meiss

Der richtige Ort für jedes Werk

Nach zwei bis vier Wochen Bedenkzeit gibt die Kuratorin den Künstler:innen Bescheid, ob man ihr Vorhaben umsetzen kann. Die Künstler:innen haben danach die Möglichkeit, einen Platz für ihr Kunstwerk auszusuchen. Von Meiss geht es dabei nicht darum, speziell ein Kunstwerk hervorzuheben. «Jede:r sucht sich seinen eigenen Platz aus. Es gibt wenige, die ich dann umplatzieren muss. Ich versuche immer den optimalen Platz für das Kunstwerk zu finden», erklärt von Meiss. Als Kuratorin hat sie schlussendlich das letzte Wort. Dabei vertraut sie vor allem auf ihre Erfahrung. Sie möchte die Arbeiten so präsentieren, dass sie mit der Umgebung in einen Bezug kommen und alle Sinne ansprechen. Beim Kunstwerk von Notta Caflisch wurde beispielsweise bewusst ein Hang gewählt, damit das Kunstwerk bereits von Weitem wirkt.

Alle 17 Kunstwerke der Sommerausstellung «Hortus Conclusus – im Garten der Sinne» befinden sich draussen auf dem Areal der Galerie Weiertal an der Rumstalstrasse 55 in 8404 Winterthur.

Fussweg vom Bahnhof Wülflingen zur Galerie Weiertal ca. 30 Minuten (Kulturwegweisern folgen).

Öffnungszeiten

Donnerstag – Samstag
14h – 18h
Sonntag
11h – 17h

Fotos: Maja von Meiss / Grafik erstellt mit genially

Programm Galerie Weiertal
Quelle: Programmheft «Hortus Conclusus – im Garten der Sinne» der Galerie Weiertal

Mai 2024

Sa 25.5.           

17h Eröffnung

So 26.5.          

11-17h individuelle Rundgänge und Kinderparcours

Juni 2024

So 2.6.

13h Führung zu «Zwischenwelten vom Winde verweht» und «et voilà la nature» und weiteren künstlerischen Arbeiten mit Susann Dubs, Kunstvermittlerin

So 9.6.

13h Künstler:innen-Rundgang mit federstahl.ch Daniel Meili / Bruno Lötscher und Brigitt Lademann, moderiert von Susann Dubs, Kunstvermittlerin

So 16.6.

13h Führung mit den Künstlerinnen Mickry3, Eva Wandeler, Elisabeth Eberle, Moderation Magdalena Rühl, Kunsthistorikerin

Fr 21.6.

18.30h Paradiesgartenlesung im Park mit dem Geh-Dichter Christian Kaiser, ein Rundgang mit Musik, Kollekte

Sa 22.6.

15h Hortus-Gartenführung mit dem Gartengestalter des Weiertals, Rick von Meiss

So 23.6.

13h Rundgang auch für Familien zu «Freunde des naturnahen Gartenbaus», «wollen», «STRUNK», «AnderschARTig» mit Susann Dubs, Kunstvermittlerin

So 30.6.

13h Rundgang mit den Künstler:innen Sabina Gnädinger, San Keller & Daniel Züsli, Notta Caflisch, Moderation Adrian Mebold, Kunsthistoriker

Juli 2024

Fr 5.7.

19h Klangerlebnisse mit dem Prova StreicherEnsemble unter der Leitung von Sorin Spasinovici und Sabine von Werra. Im Park unter Obstbäumen, bei Regen in der Galerie, mit Kollekte

So 7.7.

13h Künstler:innen-Führung mit Markus Fehr, Brigitte Baserga, LAST nico lazúla I ruedi staub, Moderation Helen Lippuner, Kunsthistorikerin

Sa 13.7.

17h Performance «Vivante» der interdisziplinären Performancegruppe letsplay mit Nadine Seeger und Trix Tobler zum Werk «Nature morte sur l`herbe» von Barbara Stirnimann. Beim kleinen Weiher, mit Kollekte

So 14.7.

13h Führung zu «I never promised you a rose garden», «Lovely killers, contained» und weiteren Werken, mit Magdalena Rühl, Kunsthistorikerin

So 21.7.

13h Künstler:innen-Führung mit Maboart, Flora Frommelt, Barbara Stirnimann, Moderation Adrian Mebold, Kunsthistoriker

So 28.7.

13h Rundgang zu «Zona sonore», «hidden tree» und weiteren künstlerischen Arbeiten im Park mit Helen Lippuner, Kunsthistorikerin

August 2024

So 4.8.

13h Entdeckungs-Rundgang auch für Familien zu «Der Raum», «Bubble», «Stiefelbrunnen» mit Helen Lippuner, Kunsthistorikerin

So 18.8.

13h Rundgang zu «The key lies within», «Nature morte sur l’herbe» und weiteren künstlerischen Arbeiten mit Susann Dubs, Kunstvermittlerin

Fr 23.8.

8.30h Lesung «Hortus conclusus» bei der Datscha am Weiher mit fünf Autor:innen der Gruppe «die-aus-zürich» mit musikalischer Begleitung. Bei Regen in der Galerie, Kollekte und Büchertisch

So 25.8.

13h Künstlerinnen-Rundgang mit Sylvia Geel, Marion Strunk, Margaretha Dubach, moderiert von Magdalena Rühl, Kunsthistorikerin. Anschliessend «Wahrsagerkarten», eine interaktive Seance mit Margaretha Dubach, mit Buchsignatur

September 2024

So 1.9.

13h Führung zu «Kosmos», «aller et retour», «Geschichte der Mäuse im Garten des Weiertales» mit Magdalena Rühl, Kunsthistorikerin

So 8.9.

11-17h Letzte individuelle Rundgänge im Hortus

Ein Engagement fürs Leben

Von Meiss finanziert die Galerie Weiertal durch die Eintrittsgelder, den Beitrag von Stiftungen und Gönner:innen. Bei einigen Ausstellungen fordert sie auch einen Beitrag beim Kanton oder bei der Stadt an. Es ist oftmals ein Null-Summen-Spiel. Wenn einmal ein Überschuss vorliegt, investiert es die 69-Jährige in die nächste Ausstellung. Auch für die Gartenpflege kommt sie gemeinsam mit ihrem Mann Rick von Meiss selbst auf. Die Ausstellung beginnt Ende Mai, wenn das Wetter einigermassen stabil und trocken sein sollte. Aufgrund der Obsternte endet die Ausstellung dann anfangs September. Während einer Ausstellungslänge von 15 Wochen besuchen 4000 bis 7000 Leute die Galerie Weiertal. Von Meiss erklärt: «Es ist ein Engagement fürs Leben. Sehr komplex, faszinierend und vielschichtig – das ist auch das Schöne und Spannende daran. Auch wenn es manchmal herausfordernd und belastend sein kann.» In der diesjährigen Sommerausstellung hofft sie ebenso auf zahlreiche Besuchende, um mit ihnen in den Dialog zu treten und einen gemeinsamen Austausch über Kunst zu ermöglichen.