Die unaufhaltsam steigenden Lebenshaltungskosten treiben viele Schweizer:innen unter die Armutsgrenze. In der Stadt Zürich sind die Kosten besonders hoch. Viele Einwohner:innen können sich neben den Grundhaltungskosten keine Freizeit- oder Kulturangebote mehr leisten. Doch nicht jedes Kulturangebot in Zürich muss Geld kosten.
Autorin: Anushka Anja Vignarajah
Titelbild: Stadt Zürich / Bild: Zürich Tourism
«Ich habe auf kulturelle Angebote verzichtet, weil es mir zu teuer war. Wenn du nur zu zweit bist als eine Erwachsene und ein Kind, dann zahlst du in der Regel zwei Erwachsene. Das ist nicht ganz fair. Zumal Alleinerziehende generell schon weniger Geld haben», sagt die Alleinerziehende Melanie*.
Durch die Covid-19-Pandemie sind die Lebenshaltungskosten stark gestiegen. Allein im April 2024 betrug die Teuerung in der Schweiz 1,4%. Laut einer UBS-Studie können die angepassten Löhne diese Inflation jedoch nicht ausgleichen. Dementsprechend bleibt wie bei Melanie* nicht mehr viel für Kulturangebote übrig.

Lösungen sind bereits vorhanden
In der Stadt Zürich dominieren Luxus, Wohlstand und hohe Lebenshaltungskosten. Gemäss einer Auswertung des Tages-Anzeigers kostet eine Pizza Margherita in der Stadt Zürich durchschnittlich 17.30 Schweizer Franken, während diese in der Stadt Thun oder Chur nur 14.23 Schweizer Franken kostet. Auch die Preise für Museums-, Konzert- oder Kinobesuche sind hoch und nicht mehr alle Zürcher:innen können sich diese leisten.
Aber nicht alles hat einen Preis in der teuersten Stadt der Welt. Kulturangebote können genauso gut mit wenig oder gar keinen Ausgaben genossen werden. In vielen Zürcher Kulturinstitutionen herrscht bereits Eintritt auf Kollektiv- oder Spendenbasis. Vor allem in kleinen und alternativen kulturellen Organisationen hat sich dies etabliert. Zudem nimmt die Anzahl der gratis Kulturangebote stetig zu.
Vergünstigungen
KulturLegi
Mit einer KulturLegi erhält man nicht nur in Zürich, sondern in der ganzen Schweiz Vergünstigungen für Kulturangebote. Diese kann bei der Caritas beantragt werden.
Zürich Card
Für die Stadt Zürich gibt es die Zürich Card, die kostenlose oder vergünstigte Eintritte gewährt und für 24 Stunden 29 Schweizer Franken kostet.
StudiLegi
Student:innen haben mit ihrer StudiLegi bestimmte Vergünstigungen. Informationen dazu können an der jeweiligen Institution eingeholt werden.
Gratis Zürcher Kultur

Kunstwerk: Claude Monet / Bild: Anushka Anja Vignarajah

Bild: Anushka Anja Vignarajah

Bild: Zürich Tourism

Bild: Anushka Anja Vignarjah

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Bild: Anushka Anja Vignarajah
Museen wie das Kunsthaus Zürich bieten an bestimmten Tagen kostenlosen Eintritt an. Gärten oder Parks wie der Botanische Garten und der Belvoirpark sind die ganze Woche kostenlos zugänglich. Der Plaza Klub öffnet seine Türen jeweils donnerstags gratis für Student:innen. Auch saisonal können Freizeitaktivitäten gratis in Zürich unternommen werden. Im Winter lädt das Weihnachtsdorf am Bellevue zu einem Spaziergang ein, während im Sommer ein Sprung in die Limmat vom Flussbad «Oberer Letten» gemacht werden kann.
Gemeinschaftszentren in der Stadt Zürich bieten gratis Spielabende oder Ausflüge für Zweielternfamilien und Einelternfamilien an. Speziell ist hier zu vermerken, dass die Gemeinschaftszentren auch Nachmittage oder Abende anbieten, an denen sich Alleinerziehende untereinander austauschen können.
Optionen wie die Zentralwäscherei, die Rote Fabrik oder das Kulturhaus Helferei bieten Veranstaltungen, Konzerte und Ausstellungen auf Spenden- und Kollektivbasis sowie mit freiem Eintritt an.
Weitere Klubs wie das Hive, die Zukunft oder das Gonzo bieten allen Student:innen jeden Donnerstag teilweise auch mittwochs, einen kostenlosen Abend mit Freunden und neuen Menschen.
Teure Schweiz und Stadt Zürich
Fast jede sechste Person in der Schweiz ist armutsgefährdet. Laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) betrifft dies 1.340.000 Menschen. Immer mehr Schweizer:innen fallen trotz Erwerbstätigkeit unter die Armutsgrenze. 702’000 Schweizer:innen sind bereits armutsbetroffen. Seit 2014 ist die Armutsquote stetig gestiegen und liegt aktuell (Stand 2022) bei 8,2%.
Auch der Kanton Zürich bleibt nicht verschont. Das Bundesamt für Statistik schätzt, dass in Zürich etwa 109.000 Personen von Armut betroffen und rund 190.000 armutsgefährdet sind. Klare Zahlen für die Stadt Zürich sind nicht bekannt.
Ab wann gilt die Armutsgrenze?
Einzelpersonen
In der Schweiz gilt eine Einzelperson als arm, wenn dieser weniger als 2’587 Schweizer Franken pro Monat zur Verfügung steht.
Alleinerziehende
Bei Alleinerziehenden mit einem Kind liegt die Grenze bei 3’362 Schweizer Franken, mit zwei Kindern liegt diese bei 4’138 Schweizer Franken.
Zweielternfamilien
Haben Zweielternfamilien mit zwei Kindern weniger als 5’432 Schweizer Franken pro Monat zur Verfügung, gelten diese auch als arm.

Klar ist jedoch, dass die Stadt Zürich nicht billiger geworden ist. Das britische Wirtschaftsmagazin «Economist» ernannte die Stadt Zürich ebenso wie Singapur 2024 erneut zur teuersten Stadt der Welt. Nebst den Wohnungs- und Lebensmittelkosten spielten die hohen Preise für Freizeitaktivitäten respektive Kulturangebote bei der Auswertung der Economist Intelligence Unit (EIU) eine grosse Rolle.
All diese Faktoren führen dazu, dass Stadt Zürcher:innen nach Abzug von Wohn-, Gesundheits-, Lebensmittel und Kleidungskosten sowie Verkehrsausgaben kaum Geld für Kulturangebote und Hobbies übrig bleibt. Gemäss dem Bundesamt für Statistik (BFS) gaben Privathaushalte nämlich 2017 354 Schweizer Franken für Kultur aus, während es 2021 nur noch 294 Schweizer Franken pro Monat waren. Aktuellere Zahlen sind nicht bekannt.
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Auch die erwerbstätige Alleinerziehende Melanie* kann sich ihre Freizeit immer seltener mit Kulturangeboten gestalten. Dass sie mit ihrem sechsjährigen Sohn in der Stadt Zürich ab und zu ins Museum oder ins Kino kann, liegt laut Melanie* daran, dass sie sich eine sehr günstige städtische Wohnung in Zürich ergattern konnte. Ohne diese Wohnung wären solche Ausflüge aufgrund des knappen Budgets kaum möglich.
Auch Kulturinstitutionen spüren die Inflation

Die Kulturszene in Zürich leidet ebenfalls unter den steigenden Kosten. Die Zentralwäscherei an der Hardbrücke befindet sich in finanziellen Engpässen. Trotz Subventionen der Stadt Zürich mussten die Löhne gekürzt werden und die Institution ist stark auf Freiwilligenarbeit angewiesen.
Das Kunsthaus Zürich hat gemäss dem Jahresbericht 2023 auch eine Finanznot. Ihre Überschuldung beläuft sich auf 4.5 Mio. Schweizer Franken. Für den Ausgleich der Schulden sind seitens des Kunsthaus Zürich die Erhöhung von Subventionen und Eintrittspreisen geplant.
Ebenfalls litt das Kino des Kulturhauses Kosmos. Dies ging aufgrund der Schuldenlast und hoher Kosten in Konkurs. Die Programmierung läuft nun unter dem Namen «Frame» weiter. Die Leitung und Kino-Räumlichkeiten hat das Zürcher Film Festival (ZFF) übernommen. Auch weitere Zürcher Kulturinstitutionen leiden finanziell.
Zwar stecken immer mehr Stadt Zürcher:innen und einige Kulturinstitutionen aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage und den Nachwirkungen von Covid-19 in finanziellen Schwierigkeiten. Jedoch kann das Portemonnaie für die Gestaltung der eigenen Freizeit getrost in der Tasche bleiben. Denn selbst in der teuersten Stadt der Welt gibt es für alle, ob Einelternfamilien oder Student:innen, jung oder alt, immer ein vergünstigtes oder kostenloses Kulturangebot.
*Möchte nur mit Vornamen genannt werden

Seit 2022 Journalismus-Studentin an der ZHAW.
Über gesellschaftliche und kulturelle Themen, Gedanken und Geschichten von Menschen schreibe ich am liebsten.
Wenn ich nicht gerade lese, schreibe oder koche, erkunde ich Zürich und die Welt.