An den Olympischen Spielen 2024 in Paris werden die sogenannten B-Boys und B-Girls zu Pionieren und Pionierinnen. Breaking wird als erster Tanzsport überhaupt bei den Sommerspielen an den Start gehen. Doch nebst der Vorfreude macht sich auch die Skepsis in der Breaker-Community breit.

Autorin: Fiona Christ

Titelbild: An den Sommerspielen 2024 in Paris wird Breaking als erste Tanzsportart olympisch. Quelle: Danza Dance

In ganz Paris wehen die verschiedenfarbigen Landesflaggen und die olympischen Flammen lodern. Am Place de la Concorde versammelten sich B-Boys und B-Girls aus aller Welt für einen historischen Moment: das Debüt des Breakings bei den Olympischen Spielen.

Breakdance ist eine dynamische und sehr akrobatische Tanzform, die auf der Strasse entstanden ist und von Performern ausgeübt wird, die sich B-Boys und B-Girls nennen. Es ist der erste Tanz, der sich aus der Hip-Hop-Kultur heraus entwickelt hat, wie Red Bull schreibt. Nun ist dieses Stück der Kulturgeschichte auf der Weltbühne von Olympia zu bestaunen.

Breaking tritt ins olympische Rampenlicht

Im Jahr 2024 wird Breaking bei den Olympischen Spielen in Paris sein Debüt feiern, und zwar auf dem Place de la Concorde. Dort werden die B-Boys und B-Girls zu Wegbereitern und Wegbereiterinnen, denn Breaking ist der erste Tanzsport überhaupt, der olympisch wird. Die Aufnahme ins olympische Programm wurde vom französischen Organisationskomitee vorgeschlagen, um den Spielen eine modernere, urbanere Note zu verleihen. Allerdings bedeutet dies auch eine gewisse Anpassung an etablierte Strukturen.

Auf dem Place de la Concorde kämpfen die Breaker und Breakerinnen bald um die Goldmedaille. Quelle: Olympics

In der Szene überwiegt die Vorfreude, da B-Boys und B-Girls auf eine globale Plattform gelangen, die vorher nur im Untergrund getanzt haben. Der Aufstieg zur olympischen Sportart sorgt aber auch für Vorbehalte. Breaking sei nicht einfach ein durchorganisierter Sportevent, sondern ein Lifestyle voller Kreativität und Spontanität. Ein Grossteil der Breaking-Community sieht sich nämlich mehr als Künstler und Künstlerinnen, denn als Athleten und Athletinnen sehen.

Granit Zuka, der bekannt ist unter seinem B-Boy-Namen Bazuka, gehört zu den schweizweit besten Breakern. Er schaut der Aufnahme vom Breaking an den Olympischen Spielen mit Vorfreude sowie Vorbehalt entgegen. Auch Jonas Dubelbeiss, Breaking-Lehrer in der Tanzschule House of Dance in Unterentfelden, sieht in der Olympia-Aufnahme nicht nur Chancen.

Bei den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris wird Breaking als neue Disziplin eingeführt. Die B-Boys Bazuka und Jonas sprechen über die grossen Möglichkeiten, die sich durch die Aufnahme in die Olympischen Spiele ergeben, sowie über ihre Zweifel und Bedenken.

Es gibt Bedenken innerhalb der Breaking-Community, dass das Einmischen des IOC (Internationales Olympisches Komitee) die ursprüngliche Kultur und Essenz des Tanzes verfälschen könnte. Um dies zu vermeiden, müssen das IOC und die Breaker während den diesjährigen Sommerspielen eng zusammenarbeiten, um authentische Wettkämpfe zu gewährleisten, die die Kunstform respektieren. Nur durch diese Zusammenarbeit kann das Ziel erreicht werden, ein jüngeres Publikum für die Olympischen Spiele zu begeistern.

Road to Paris: Die Qualifikation im Breaking

Laut Sports Illustrated Deutschland erfolgte die Qualifikation für die Olympischen Spiele über mehrere Wege: die Weltmeisterschaften 2023, die Kontinentalmeisterschaften und die olympische Qualifikationsserie von März bis Juni 2024. Weitere 14 Plätze wurden über die Qualifikationsserie vergeben, während Frankreich als Gastgeber zwei Plätze erhielt. Eine Kommission vergab vier zusätzliche Plätze an Tänzer und Tänzerinnen, die es unter die besten 32 der Qualifikationsserie geschafft haben.

Schaust du dir die Disziplin Breaking an den olympischen Sommerspielen 2024 in Paris an?

In Paris werden zwei Medaillenwettbewerbe ausgetragen – einer für Männer und einer für Frauen. Jeweils 16 B-Boys und 16 B-Girls treten in Solo-Battles gegeneinander an. Diese Battles bestehen aus 60-sekündigen «Throw Downs», in denen die Tänzer die Jury beeindrucken müssen. Bewertet wird nach Kriterien wie Technik, Vielseitigkeit, Kreativität, Persönlichkeit, Darstellungskraft und Musikalität.

Toprock
Go Down
Footwork
Freeze
Power Move

Besondere Aufmerksamkeit erhalten der Stil und die Schwierigkeit der Tänze. Die Tänzer und Tänzerinnen präsentieren Elemente wie «Toprock» (Schritte im Stehen), «Go Down» (zu Boden gehen), «Footwork» (Schritte mit den Beinen),» Freeze» (gehaltene Positionen) und «Power Move» (Akrobatik wie Headspin und Windmill).

Von Strassenbattles zu Weltmeisterschaften

Die Ursprünge der neuen Olympiadisziplin liegen bei der afroamerikanischen und Latino-Jugend in der Bronx, New York City, wo sich die Hip-Hop-Kultur in den 1970er-Jahren formierte. Der DJ Kool Herc spielte dabei eine zentrale Rolle. Auf seinen Nachbarschaftspartys bemerkte er, dass die jungen Leute besonders energiegeladen tanzten, wenn der «Break» eines Songs einsetzte – der Moment, in dem alle anderen Instrumente aussetzen und der Fokus ganz auf der Percussion liegt.

Auf den Strassen der Bronx nahm das Breaking seinen Anfang, und DJ Kool Herc bleibt bis heute als unbestrittener «Father of Hip-Hop» in Erinnerung. Quelle: Storm DJs

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The «Father of Hip-Hop»

DJ Kool Herc, bürgerlich Clive Campbell, ist ein jamaikanisch-amerikanischer DJ und Musiker, der als Hip-Hop-Pionier bekannt ist. Geboren am 16. April 1955 in Kingston, Jamaika, zog er in den frühen 1970er Jahren in die USA und liess sich in der Bronx, New York, nieder. Dort organisierte er legendäre Blockpartys und entwickelte das Breakbeat-DJing. Herc’s Blockpartys gelten als Geburtsstunde des Hip-Hop und hatten einen grossen Einfluss auf seine Entwicklung.
Quelle: Rock the Bells

Um diesen Moment zu verlängern, begann Kool Herc, zwei Kopien desselben Songs auf zwei Plattenspielern zu spielen und zwischen ihnen hin- und herzuschalten. Diese Technik, bekannt als «Merry-Go-Round», ermöglichte es ihm, den Break zu verlängern, sodass die Tänzer mehr Zeit hatten, ihre Moves zu präsentieren. Aus dieser Praxis entwickelte sich das «Breaking» – ein Begriff, der den Moment bezeichnet, in dem B-Boys und B-Girls zum Break eines Tracks tanzen.

Die Location des Red Bull BC One World Finals 2021 in Polen. Quelle: Red Bull

Was früher als informelle Strassen-Battles begann, hat sich heute zu professionellen Wettkämpfen gewandelt. Das Red Bull BC One World Final gilt dabei als bedeutendster Wettbewerb. Hauptsächlich bestehen die Wettbewerbe aus Eins-gegen-Eins-Solo-Battles und Crew-Wettkämpfen, bei denen mindestens zwei Mitglieder einer Crew antreten. Die DJs stellen bei diesen Veranstaltungen die Musik bereit, während die Hosts die Duelle moderieren. Schliesslich entscheiden drei bis sechs Juroren, meist sehr erfahrene Breaker, über die Gewinner und Gewinnerinnen. 

Eine Leidenschaft, die über olympische Grenzen hinausgeht

Dass Breaking eine neue weltweit anerkannte Sportart wird, könnte die Breaker- und Breakerinnen-Community in Zukunft auch vergrössern. Es ist eben nicht nur eine Nischensportart. Trotz der Türen, welche durch die Aufnahme geöffnet wurden, ist für die bereits bestehende Community etwas besonders wichtig: Obwohl es jetzt ein Teil der Olympischen Spiele in Paris wird, ist es wichtig, dass die Kultur am Leben beleibt und dass man Breaking aus Leidenschaft tut und nicht, weil es beeindruckend ist, auf dem Kopf drehen zu können und dafür Olympiamedaillen zu gewinnen.

Vom Asphalt in den Schnee: Snowboarden eroberte Olympia

Dieses Jahr feiert Breakdance sein olympisches Debüt, ähnlich wie das Snowboarden, dessen Erfolgsgeschichte ebenfalls auf der Strasse begann. Vom Skateboarden inspiriert, entwickelte sich Snowboarden zu einem festen Bestandteil der Olympischen Winterspiele.

Autorin: Fiona Christ

Titelbild: André Höflich bei seinem ersten Run in der Halfpipe-Qualifikation bei Olympia in Peking 2022. Quelle: Eurosport

Breakdance ist nicht die erste Sportart, die sich von der Strasse bis an die olympischen Startplätze gekämpft hat. Das Snowboard, welches ursprünglich vom Skaten abstammt, entwickelte sich von einem aussergewöhnlichen Winterhobby zu einer Sportart, die heute nicht mehr aus den olympischen Winterspielen wegzudenken ist.

Wie alles begann

Der Skateboarder und Skifahrer Tom Sims entwickelte in den 1960er Jahren das erste Ski-Board, ein Vorläufer des Snowboards, um auch im Winter skaten zu können, wie das «Ridestore Magazin» schreibt. Verschiedene Pioniere förderten im Laufe des nächsten Jahrzehnts die Produkte von Snowboards. Der Sport begann übergreifend an Attraktivität zu gewinnen. Zur gleichen Zeit erfand Sherman Poppen den Snurfer, das erste vermarkete Snowboard, das rund 750’000 Mal verkauft wurde. In den 1970er Jahren arbeiteten Sims und Bob Weber zusammen und brachten das «Flying Yellow Banana» Ski-Board auf den Markt, das besonders in der Skateboard-Community beliebt war. Während dieser Zeit begannen die Snowboarder in die traditionellen Skigebiete einzudringen, stiessen aber auf den Widerstand der Skifahrer.

Der Durchbruch des Snowboardens

In den späten 1990er Jahren hatten fast alle Skigebiete das Snowboarden akzeptiert und in den Snowboardern eine hervorragende Einnahmequelle gefunden. Laut Olympics.com waren Wettbewerbe der nächste logische Schritt. Die USA organisierte 1982 ihre ersten nationalen Snowboardmeisterschaften und veranstaltete 1983 die ersten Weltmeisterschaften. Sieben Jahre später wurde die Internationale Snowboarding Federation (ISF) gegründet, und 1994 integrierte der Internationale Skiverband (FIS) das Snowboarden als offizielle Disziplin. Dies bereitete den Weg für die Aufnahme des Snowboardens in das Programm der Olympischen Winterspiele.

Der damals 20-jährige Gian Simmen gewinnt 1998 im Kanbayashi Snowboard Park unerwartet den ersten olympischen Halfpipe-Wettbewerb. Quelle: Der Bund

1998 feierte Snowboarden mit Wettbewerben im Riesenslalom und in der Halfpipe schliesslich sein Debüt bei den Olympischen Winterspielen in Nagano. Diese Einführung war ein grosser Erfolg und trug erheblich zur Popularität des Sports bei. Wie Olympics schreibt, war die Disziplin ein so grosser Erfolg, dass sie vier Jahre später mit Parallel-Riesenslalom und Halfpipe in Salt Lake City zurückkehrte. Bei den Olympischen Winterspielen 2002 verfolgten 30’000 Zuschauer die Wettbewerbe vor Ort und ein Drittel aller US-Haushalte sah die Ereignisse im Fernsehen. Dies markierte den endgültigen Durchbruch des Snowboardens als international anerkannter Sport.

Street-Style trifft auf Olympia

Auch wenn man auf den ersten Blick nicht viele Ähnlichkeiten zwischen dem Breaking und dem Snowboarden erkennen kann, sind die beiden urbanen Sportarten ziemlich ähnlich. Beide Sportarten haben ihre Wurzeln in der Strassenkultur. Snowboarden entwickelte sich laut Olympics aus dem Surfen und Skateboarden, während Breakdance Teil der Hip-Hop-Kultur ist und laut Red Bull auf den Strassen von New York entstand. Kreativität und Ausdruck stehen sowohl im Snowboarden als auch im Breakdance im Vordergrund. Im Snowboarden zeigt sich dies durch Tricks und Stunts, die die Fahrer und Fahrerinnen auf der Piste oder in der Halfpipe ausführen. Im Breaking ist die Kreativität in den Tanzbewegungen und -kombinationen sichtbar.

Vom Asphalt in den Schnee. Das Snowboard findet seinen Ursprung auf der Strasse. Quelle: Urban Sports Club

Zudem haben beide Sportarten den Übergang vom Freizeitsport zum professionellen Wettkampfsport geschafft. Sowohl Snowboarden als auch Breakdance sind stark in der Jugendkultur verwurzelt und sind weltweit bei jungen Menschen beliebt.

Gemacht für die grosse Bühne

Durch ihre dynamische und visuell beeindruckende Natur sind beide Sportarten ideal für die mediale Präsentation. Sowohl Snowboardwettkämpfe als auch Brakdance-Battles bieten spektakuläre Bilder, die sich gut im Fernsehen darstellen lassen. Diese Gemeinsamkeiten haben dazu beigetragen, dass sowohl Snowboarden als auch Breaking ihren Weg in die Olympischen Spiele gefunden haben, wo sie eine neue Bühne und ein noch grösseres Publikum erreichen können.

Wer weiss, vielleicht ist auch Breaking bald nicht mehr wegzudenken aus den Olympischen Spielen, und die B-Boys und B-Girls drehen auch in den Sommerspielen 2028 in Los Angeles wieder auf ihren Köpfen.