Nach dem Halbfinal-Aus steht der EV Zug am Pranger. Vor allem Eishockey-Journalist Klaus Zaugg und der ehemalige Eishockey-Einzelrichter Reto Steinmann kritisierten in den vergangenen Monaten die sportliche Leistung des Kaders sowie die auch die Ausgaben für das OYM. Doch auch im EVZ gibt es Selbstkritik – und Lichtblicke.
Autorin: Noemi Anna Kubalek
Bildtragsbild: Die EVZ-Spieler verabschieden sich nach dem Halbfinal-Aus von den Fans. (Bildquelle: evz.ch)
Die sportlichen Leistungen des EV Zug wurden nach der letzten Saison stark kritisiert. «Der EV Zug ist definitiv nur noch Mittelmass», so die Analyse von Klaus Zaugg in der Zuger Zeitung. Das frühe Ausscheiden im Halbfinal gegen die ZSC Lions war für Fans und Verantwortliche gleichermassen eine grosse Enttäuschung. Dennoch äussert sich EVZ-CEO Patrick Lengwiler auf EVZ News zu den vielen kritischen Stimmen in den Medien: «Viel Gelesenes empfinde ich als übertrieben negativ. Das Erreichen des Playoff-Halbfinals als Mittelmass zu bezeichnen, ist überheblich.» Er weist darauf hin, dass von den letzten vier Schweizer Meistern drei im Jahr nach dem Titelgewinn nicht einmal die Playoffs erreicht haben. Grundsätzlich nimmt Lengwiler die Kritik aber positiv auf. «Nur grosse Klubs werden in den Boden geschrieben», sagt er in der Mai- Ausgabe 2024 des Klubmagazins EISZEIT. Wie Eishockey-Journalist Klaus Zaugg auf Watson schreibt, hätten die Zuger im Playoff-Halbfinal im physischen Bereich keinerlei Vorteile gegenüber der ZSC Lions gehabt. Das Team sei «zu leicht und zu wenig gross» gewesen. Dem stimmt EVZ-Sportchef Reto Kläy in der EISZEIT sogar zu. «Das mag mit einer von vielen Gründen gewesen sein. Es wäre jedoch falsch, alles auf die Grösse und das Gewicht zu reduzieren.»
Die Imports werden in Frage gestellt
Besonders unter die Lupe genommen werden die ausländischen Spieler des EVZ. «Zugs ausländisches Personal genügte diese Saison höheren Ansprüchen nicht mehr», schreibt Klaus Zaugg. Der ehemalige Eishockey-Einzelrichter Reto Steinmann schreibt in seiner Kolumne in der Luzerner Zeitung: «Es ist wohl kaum zu verhindern, sich auch von Spielern mit noch laufenden Verträgen zu verabschieden.» Dies bestätigte sich, als der EVZ den bis 2025 laufenden Vertrag mit dem deutschen Stürmer Marc Michaelis auflöste. «Wir sind zum Schluss gekommen, dass wir in unserer Kaderplanung einen anderen Weg gehen möchten», so Reto Kläy in einem Beitrag auf EVZ News. Den genauen Grund für die Vertragsauflösung gibt er nicht bekannt. Weil er nicht öffentlich kritisiere und Eishockey immer noch ein Mannschaftssport sei, sagt Kläy gegenüber EISZEIT lediglich: «Dass von den Führungsspielern mehr hätte kommen müssen, steht ausser Frage – dazu zähle ich auch unsere Imports.»
Hohe Ausgaben für das OYM sorgen für Kontroversen
Grosse Kritik gibt es auch an den Ausgaben für das Athletikzentrum OYM. Die Nutzung der Anlage kostet den EVZ drei Millionen Franken pro Jahr. Dies gilt insgesamt für die 1. Mannschaft und die beiden Elite-Teams U17 und U20. Pro Athlet schlägt das mit rund 40’000 Franken zu Buche, für die Benützung der gesamten Infrastruktur, Athletik, Ernährung, Ernährungsberatung, dem Testing, der Wissenschaft sowie dem Health Management. «Der […] EVZ würde einen grossen Teil der ins OYM fliessenden Mittel benötigen für die Verpflichtung von wirklich erstklassigem ausländischem Personal», wendet Reto Steinmann ein. EVZ-Präsident Hans-Peter Strebel ist da anderer Meinung. «Das Geld ist im EVZ-Ausbildungskonzept und im OYM intelligenter angelegt als in teuren Ausländern», sagt er bei EISZEIT. Zudem sei ein teurer Ausländer nicht zwangsläufig ein guter Ausländer. Auch Patrick Lengwiler lässt sich nicht vom Einwand umstimmen. «Keine Frage, es ist viel Geld. Alle 75 Spieler werden dadurch aber auch top betreut und an die Spitze gefördert», sagte der EVZ-CEO im Interview mit der Zuger Zeitung letzten April. Ausserdem sei der Leistungsauftrag seit 2020 identisch. Da der EVZ in den Jahren 2021 und 2022 Meister wurde, seien die Zahlungen an das OYM also nicht der Grund für das vorzeitige Saisonende.
Was ist das OYM?
Das OYM («On Your Marks») ist ein hochmodernes Sportzentrum in Cham, das sich auf die ganzheitliche Entwicklung von Athlet:innen spezialisiert hat. Es bietet Spitzensportler:innen eine Kombination aus modernster Trainingsinfrastruktur, medizinischer Betreuung und wissenschaftlich fundierten Trainingsprogrammen. Das Zentrum vereint Training, Prävention, Rehabilitation und Ernährung unter einem Dach, um die individuelle Leistungsfähigkeit der Athlet:innen zu maximieren. Neben hochqualifizierten Trainer:innen und Wissenschaftler:innen arbeitet OYM eng mit verschiedenen Sportverbänden zusammen, um sowohl Nachwuchstalente als auch etablierte Athlet:innen zu unterstützen.
(Quelle: oym.ch)
Es gibt aber auch Selbstkritik
Die grössten Kritiker des EVZ sind nach wie vor die Verantwortlichen selbst. Die Erwartungen waren hoch, als der EVZ in die Saison startete. Doch obwohl das Team eine starke Leistung zeigte und in vielen Spielen überzeugen konnte, gab es auch Momente der Enttäuschung und Frustration. «Es fehlte während der ganzen Saison die richtige Balance im Team – vor allem im Jahr 2024», räumte EVZ-Sportchef Reto Kläy gegenüber EVZ News ein. Zudem habe er nichts mehr von der Winner-Mentalität und der Hochleistungskultur gesehen, die den EVZ zweimal zum Meister gemacht haben. Auch die Mannschaft ist sehr selbstkritisch. «Wenn man in den Playoffs in den Final kommen möchte, darf man in schlechten Phasen nicht so schlecht sein, wie wir es waren», sagte EVZ-Stürmer Lino Martschini in der Luzerner Zeitung im April dieses Jahres. Auch laut Headcoach Dan Tangnes blieb die Mannschaft deutlich unter ihren Möglichkeiten. «Es ist keine Ausrede, aber ein Fakt, dass wir nicht im Vollbestand unserer Kräfte antreten konnten.» Grund dafür seien unter anderem die Verletzungen und private Schicksalsschläge von Spielern, wie Patrick Lengwiler schreibt. Das kann man nicht beeinflussen. Was man aber beeinflussen kann ist die Kaderzusammenstellung. Diese sei das Hauptproblem und nicht ideal gewesen. «Das ist mein Fehler. Da übernehme ich die Verantwortung», gibt Reto Kläy in der Luzerner Zeitung offen zu.
Für die kommende Saison erwartet Kläy generell mehr Ehrgeiz und Erfolgshunger bei allen Spielern. Gleichzeitig will er ein breiteres, physisch stärkeres und konstanteres Kader zusammenstellen. Zudem werde das Budget leicht erhöht, weil der EVZ mit sieben Ausländern starten werde, sagte Patrick Lengwiler gegenüber der Zuger Zeitung. Auf EVZ News schreibt er: «Dass wir mit dem Erreichen des Halbfinals nicht zufrieden sind, ist klar. Es zeigt auch die hohen Ansprüche der 1. Mannschaft und unserer Organisation. Eigene Ansprüche, die auch in Zukunft hoch bleiben werden.»
Timeline: erstellt durch Noemi Kubalek, Quellen: evz.ch
Strategischer Denker unter Druck
Bis zum Halbfinal-Aus schien der lang erarbeitete Ruf des EVZ-General Managers Reto Kläy unangefochten. Doch seit April steht der im weiten Umfeld des Klubs als strategisch geschätzter Sportchef wegen der sportlichen Leistungen des Kaders in Kritik. Aber der 45-Jährige weiss damit umzugehen.
Autorin: Noemi Anna Kubalek
Seit 2014 ist Reto Kläy als Sportchef beim EV Zug tätig und hat sich einen Ruf als strategischer Denker und talentierter Manager erarbeitet. Als General Manager ist er für den gesamten Sportbereich zuständig. Dazu gehören neben dem Profisport auch die Hockey Academy, der Nachwuchs, das Women’s Team und vieles mehr. Unter seiner Leitung hat der EVZ bemerkenswerte Erfolge erzielt. Darunter der Gewinn der Schweizer Meisterschaft in den Jahren 2021 und 2022. Seine Wurzeln hat er jedoch im Kanton Bern.
Vom Spieler zum Sportchef
Reto Kläy ist in Langnau im Emmental aufgewachsen und begann seine Eishockeykarriere beim SC Langnau. Für seinen Heimatverein spielte er bis zu den Elite-A-Junioren. Danach durchlief er verschiedene Vereine, wie den EHC Visp und den EHC Olten, und absolvierte sogar einige Spiele in der höchsten Liga beim SC Rapperswil-Jona. Von 2002 bis 2007 spielte der Langnauer als Verteidiger beim SC Langenthal in der heutigen Swiss League. In seiner sechsten Saison erlitt er eine schwere Handverletzung. Während seiner Verletzungspause gab es im Verein einige Veränderungen auf der Geschäftsstelle und ihm wurde der Posten des Sportchefs angeboten. «So habe ich im November, also mitten in der Saison, von einem Tag auf den anderen als Spieler aufgehört», sagte Reto Kläy im Oktober 2022 gegenüber der Wochen-Zeitung.
Grosse Erfolge beim EV Zug

2014 wechselte Kläy zum EV Zug. Gegenüber der Wochen-Zeitung erinnert er sich: «Zug plante zu dieser Zeit die EVZ Academy. Man wollte mit eigenen, jungen Spielern als Basis den nächsten Schritt gehen und innert fünf bis sechs Jahren den Meistertitel gewinnen. Dieses Leitbild faszinierte mich, ich habe stets nach diesem gearbeitet.» Das zahlte sich auch aus. Nach der Lancierung des SL-Farmteams im Jahr 2016, wurde die erste Mannschaft 2017 Vizemeister und gewann 2019 erstmals in der Klubgeschichte den Schweizer Cup. Das 2023 lancierte Women’s Team gewann in seiner ersten Saison bereits den B-Meistertitel und schaffte den Aufstieg in die höchste Liga. «Das Team hat sich das verdient, indem es immer Vollgas gegeben hat, auch wenn die Resultate teilweise hoch ausfielen», sagte Reto Kläy im März dieses Jahres stolz gegenüber EVZ News. «Wir haben bewiesen, dass wir es ernst meinen mit der Förderung des Frauenhockeys.» Die U20-Elit gewann in der vergangenen Saison zudem ihren sechsten Schweizer Meistertitel. Trotz des Verzichts auf das Farmteam sieht die Zukunft des EVZ vielversprechend aus. «Der Jahrgang 2006 ist überdurchschnittlich stark. Wir könnten anstreben, dass der EVZ nächstes Jahr einen oder mehrere Draft-Picks stellt», sagte der EVZ-Sportchef in einem Interview mit Blick im Dezember 2023.
Lange Tage, kurze Nächte und viele Herausforderungen
Die vergangene Saison hat Reto Kläy viele lange Tage und kurze Nächte beschert. Nicht zuletzt wegen der ersten Mannschaft. «Man sucht ständig nach Lösungen, wie man es besser machen könnte. Wenn es gut läuft, ist das nicht der Fall», sagt er im Klubmagazin EISZEIT. Für das Halbfinal-Aus der ersten Mannschaft sieht Reto Kläy verschiedene Gründe, klar sei aber: «Im Endeffekt hatten wir ein Team, das in dieser Verfassung und mit dieser Performance wirklich nicht Meister werden konnte.» Die aktuellen und vergangenen Herausforderungen des Eissportvereins sind komplex, doch Kläys bisherige Erfolgsgeschichte spricht dafür, dass er auch diese meistern wird. «Es waren alles positive Themen, weil sie neue Herausforderungen mit sich brachten. Langweilig wurde es nie, weil für uns stets eine Vorwärtsstrategie wichtig war, sei es hier im Klub oder im Schweizer Eishockey generell», sagt Reto Kläy gegenüber Blick. Aufgeben will er seinen Traumjob nicht. «Es ist ein anspruchsvoller Job, aber er gibt mir auch sehr viel. Und er ist sehr abwechslungsreich: Jede Saison schreibt eine vollkommen eigene Geschichte.»
Das ist der EVZ für seine Fans
Mit zwei Meistertiteln in den Jahren 2021 und 2022 wurden die Fans des EV Zug verwöhnt. In den letzten beiden Saisons war jedoch jeweils im Halbfinale Endstation. Doch auch nach dem vorzeitigen Ende der abgelaufenen Saison und der vielen Kritik in den Medien stehen die Fans nach wie vor loyal zu ihrem Verein. Alexa Schnüriger, Martin Kubalek, Nadine Descombes, Ramon Hotz und Vera Camenzind erzählen von Leidenschaft, Gemeinschaft und Hoffnung für die Zukunft.
Beitrag von Noemi Kubalek

Noemi Kubalek studiert im vierten Semester Kommunikation an der ZHAW in Winterthur. Als angehende Journalistin interessiert sie sich vor allem für Themen rund um das Eishockey und die Unterhaltungsbranche. Besonders die Produktion von Audio- und Videobeiträgen hat es ihr angetan.